Lochkameras sind die einfachsten Kameras überhaupt. Entsprechend lag die Idee nahe, eine solche Kamera selbst zu bauen und eigene Versuche zur Photographie damit zu starten.
Allerdings besitzt eine Lochkamera mehrere Eigenheiten im Vergleich zu modernen Digitalkameras:
Letzterer Punkt ist für diese Kamera relevant, da dies auch runde Konstruktionen erlaubt, die sehr weitwinklige Aufnahmen ermöglichen, ohne dass das Bild wie bei Weitwinkel- oder Fisheye-Objektiven übermäßig verzerrt wird.
Ich habe meine Kamera nun als 3D-Modell in Fusion 360 konstruiert und anschließend mit dem 3D-Drucker ausgedruckt. Der Kamerakorpus besitzt einen Radius von rund 58mm, was exakt so dimensioniert worden ist, um ein handelsübliches Photopapier der Größe 5″x7″ im Halbkreis aufzunehmen. Die optimale Größe für das Loch der Lochkamera beträgt bei diesen Maßen rund 250 Mikrometer. Da mir kein Druckprozess zur Verfügung steht, der perfekte Löcher in dieser Größe herstellen kann, ist vorne eine Tasche anmodelliert worden, in welche ich nachträglich ein beliebiges Blech mit einem passenden Loch einschieben kann. Die Herstellung einer passenden Lochblende ist tatsächlich der schwierigste Arbeitsschritt beim Kamerabau gewesen. Zusätzlich ist noch ein passender Deckel konstruiert und gedruckt worden.
Um die Lochblende zu fertigen, habe ich eine Getränkedose aufgeschnitten und mit einer Nähnadel vorsichtig ein winziges Loch hineingedrückt. Das Loch muss hierbei sehr vorsichtig geformt und darauf geachtet werden, dass es exakt rund und ohne überstehende Kanten geformt ist. Ich habe das Loch dazu unter einem Mikroskop untersucht und nach vier Versuchen ein brauchbares Loch mit einem Durchmesser von 300 Mikrometern hinbekommen.
Auf dem Bild ist gut sichtbar, dass der Rand des Loches noch übersteht. Dies würde auf dem fertigen Bild Artefakte und Unschärfen erzeugen. Daher wurde das Loch noch mit Schleifpapier flach geschliffen.
Die fertig gebaute Kamera konnte nun in einem Zimmer mit minimaler LED-Rotlichtbeleuchtung (dies ist meine improvisierte Dunkelkammer) mit einem Photopapier bestückt werden und die Lochblende mit einem schwarzen Klebeband verdeckt werden um auf den Start der Belichtung zu warten.
Die Kamera arbeitet ungefähr bei Blende 220 und das verwendete Photopapier besitzt eine Lichtempfindlichkeit von geschätzt 5 ISO. Da es keinen Belichtungsmesser gibt, der bei 5 ISO und Blende 220 die Belichtungszeit analoger Photographien absolut zuverlässig messen kann, ist hier Ausprobieren angesagt.
Um ein Bild zu belichten, muss die Kamera nun sehr lange fest an einem Ort stehen, weshalb ich die Kamera im Büro auf ein Regal gestellt habe. Die erste Aufnahme erfolgte dann mit insgesamt 6h20min Belichtungszeit über einen Arbeitstag hinweg. Zurück daheim konnte im dunklen Zimmer das belichtete Photopapier aus der Kamera entnommen werden und chemisch entwickelt werden. Die benötigten Chemikalien sind glücklicherweise auch heutzutage noch im Fachhandel erhältlich.
Der Entwicklungsprozess folgt den Angaben des Herstellers, hier sind keine Besonderheiten zu beachten. Aus dem Entwicklungsprozess folgt dann das fertige Negativbild und man hält seine fertige Lochbildphotographie in den Händen. Dieses kann anschließend gescannt und im Computer invertiert werden,
Auf dem Bild sind alle Büromöbel problemlos sichtbar. Die Unschärfen vor den Computern stammen von mir und meinem Kollegen, da wir uns während der Belichtungszeit natürlich bewegt haben. Viele Details sind sichtbar, aber auch mehrere fleckige Strukturen ziehen sich über das Bild.
In einem späteren Versuch stellte sich heraus, dass die Flecken noch auf ein unzureichend langes Entwicklungsbad zurückzuführen waren. Für das nächste Bild wurde die Kamera direkt im Makerspace aufgestellt und diesmal konnte nach 3 Stunden Belichtungszeit tatsächlich ein gutes Bild vom Space erstellt werden:
An diesen Aufnahmen kann nun auch gut die weitwinklige Panorama-Abbildung der runden Kamera illustriert werden. Der gesamte Aufnahmewinkel von der linken bis zur rechten Kante beträgt etwa 160°.
Ein interessanter Effekt dieser Aufnahmen ist auch, dass Menschen praktisch nicht abgebildet werden können. Da sie sich stetig bewegen und nicht mehrere Stunden regungslos im Bild sind, können sie nur als verwaschene Schatten erscheinen. Auf der Aufnahme des Makerspace sind beispielsweise an den Tischen mehrere weiche Schatten sichtbar. Dies ist alles, was von Menschen auf diesen Aufnahmen übrig bleibt.
Astrophysiker, arbeitet im Schülerforschungszentrum der experimenta im 4. Stock, hängt in seiner Freizeit aber regelmäßig im Makerspace herum
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